Die besten Kochshows und was sie uns lehren
Janina „Ninchen“ Kötz
Seitdem der erste deutsche Fernsehkoch, Clemens Wilmenrod, uns schon in den 1950ern mit Eigenkreationen wie Toast Hawaii und gefüllten Erdbeeren den Mund wässrig machte, lieben wir Deutschen unsere Kochshows im Fernsehen heiß und innig – die vielleicht neben den Nachrichten einzige TV-Konstante über alle Jahrzehnte und Trends hinweg. In diesem Artikel zeigen wir nicht nur, welches heute die fünf besten Shows sind und wo man sie sehen kann, sondern auch, welche Lehren die großen und kleinen Experten der Fernsehküchen uns mitgaben.
# 1: Lehren aus fast 70 Jahren
Unglaublich: gut 67 Jahre ist es jetzt her, dass am 20. Februar 1953 erstmalig „Bitte, in zehn Minuten zu Tisch“ über die damals noch wenigen tausend deutschen Fernsehbildschirme flimmerte und binnen kürzester Zeit zum Quotenknüller wurde.
Noch faszinierender ist vielleicht, dass Fernsehküchenpionier Wilmenrod (wie auch heute noch so oft ein Künstlername, eigentlich Carl Clemens Hahn) bereits damals ein Rezept verfolgte, nach dem noch 2020 sämtliche Kochshows funktionieren: Gute Idee, laiengerechte, detailreiche Erklärung, ein ordentlicher Schuss Humor – wer mag, kann sich beim SWR eine der damaligen Sendungen in Originallänge anschauen und die Richtigkeit dieser These selbst überprüfen.
Doch in diesen 67 Jahren und mehren hundert Kochshows, die seitdem kamen und gingen, haben sich auch noch einige andere Tatsachen herauskristallisiert. Goldene Regeln des TV-Kochens, wenn man so will. Und sie gelten auch in der heimischen Küche:
- Wenn es nicht so wurde, wie es werden sollte, sollte es so werden, wie es geworden ist – der gute Koch zeigt nie, dass das Ergebnis nicht ganz dem Bild im Kochbuch entspricht.
- Gutes wird in Kombination noch um einiges besser. So, wie guter Wein erst durch das richtige Wasser zum vollen Gaumenschmaus wird, wird auch das leckerste Hauptgericht erst perfekt, wenn die Beilage geschmacklich, optisch und haptisch dazu passt.
- Lecker muss weder aufwendig noch teuer sein. Das galt schon damals beim Toast Hawaii und tut es auch heute noch beim Eiersalat aus nicht mehr als Eiern, Senf, Milch und Kräutern.
- Gute Vorbereitung ist das A und O: Was nach der TV-Zubereitung mit „Ich hab das vor der Sendung schon vorbereitet“ fertiggegart aus dem Ofen gezogen wird, gilt auch in der heimischen Küche.
- Kochen darf chaotisch sein, wenn das Umfeld kontrolliert ist. Jede Fernsehküche hat ihre Werkzeuge an ähnlichen Positionen. Solange man diese Grund-Ordnung hat und beibehält, wird man auch bei unzähligen Schüsseln und Töpfen auf der Arbeitsplatte niemals danebengreifen.
- Zeitdruck sorgt nur für Fehler. Was in modernen Kochshows mit Countdown der Spannung dient, zeigt dem Zuschauer überdeutlich, dass er immer mit genügend Zeitreserve loslegen sollte – damit auch dann nichts schiefgeht, wenn eine Zutat mal wieder länger braucht als angegeben.
- Wer nicht schon beim Kochen nascht und genießt, ist selber schuld. Natürlich muss der Weißwein nicht nur in die Soße, sondern darf auch ins Glas des Kochs. Und auch Erwachsene können, dürfen und sollten am Kuchenteig naschen, bevor er in den Ofen wandert.
- Kochen nach Gedächtnis nur dann, wenn man das Rezept blind beherrscht. Insbesondere bei Live-Shows sieht man immer wieder, dass selbst die Profis noch ihre Rezepte oder Zutatenreihenfolgen irgendwo notiert haben. Aufs Geratewohl nach Erinnerung zu kochen birgt immer Fehlerpotenzial – nicht nur bei komplexen Gerichten.
Und auch wenn es vielleicht vor dem Fernseher einfach nur optisch gut und nach Kochprofi wirken mag, ist eigentlich auch das eine Regel: Schürze an. Denn Flecken passieren immer. Bloß sind sie darauf weit weniger dramatisch als auf den guten Sachen.
# 2: Die fünf besten Kochshows 2020
Lehren aus der Fernsehküche sind das eine. Aber was kann man denn heute einschalten, wenn man so richtig Hunger auf Anregungen und Unterhaltung hat? Da empfehlen sich die folgenden Shows (bitte beachten: Die Sendetermine gelten zum Zeitpunkt der Erstellung des Artikels und können sich mitunter ändern)
Einfach und köstlich mit Björn Freitag
Regionales Kochen ist längst im Trend. Doch in einem zunehmend mobilen Deutschland ist das Nachkochen von Traditionsgerichten seiner neuen Heimat oder auch anderer Regionen gar nicht so einfach. Björn Freitag übernimmt genau diesen Part und zeigt bereits seit 2013 in seiner Sendung, wie es geht – mit einem Fokus auf guter Hausmannskost, die sich auch im Alltag simpel nachkochen lässt.
Dabei verfolgt die Sendung die ganz klassische Linie der Fernsehküche: Keine Duelle, keine Countdowns, sondern ein Fernsehkoch, der vormacht und dem die Zuschauer es nachmachen können.
Wann und wo? WDR, immer samstags um 17:15 Uhr, tags darauf morgens Wiederholungen zu wechselnden Zeiten. Sendungen können in der Mediathek für einige Wochen abgerufen werden.
Tellertausch mit Johann Lafer & Gästen
Wenn vier sich abrackern, freut sich der Zuschauer. Genau das ist das Motto von Tellertausch. Fernsehküchen-Profi Johann Lafer denkt sich seit Ende 2019 für jede Sendung Zutaten und Gerichte aus. Darauf wird dann eine vierköpfige Gruppe von Promis losgelassen, die innerhalb von 35 Minuten und jeder für sich – und ohne Rezept – daraus eine Leckerei zaubern müssen.
Der Clou: Während dieses Zeitraums müssen die Teilnehmer gleich mehrmals die Plätze nach dem Zufallsprinzip tauschen und somit dort weitermachen, wo der andere kurz zuvor aufgehört hat. Großer Spaß, denn zum Schluss wird kritisch bewertet.
Wann und wo? Derzeit nur SWR, Anfangs auch beim NDR. Täglich, außer am Wochenende, um 13:45 Uhr. Sendungen können in der Mediathek für einige Wochen abgerufen werden.
The Chef’s Line
Dass Profiköche ihr Können durch eine harte Ausbildung und jahrelange Routine erworben haben, ist bekannt. Aber haben wir uns nicht schon alle beim Betrachten von Kochshows gefragt, ob man sich nicht auch als leidenschaftlicher Hobbykoch gegen solche Meister durchsetzen könnte?
Auch die Produzenten von The Chef’s Line fragten sich das – und entschlossen sich, daraus eine spannende Sendung zu machen. Die aus Australien stammende Kochshow schickt in jeder Episode Profis und Hobbyköche gegeneinander in die Arena.
Immer fünf Folgen sind einer nationalen Küche zwischen Afrikanisch und Vietnamesisch gewidmet. Die Teilnehmer müssen in jeder Folge ein Gericht daraus präparieren. Am Ende kostet die Jury, zu der auch Küchen-Routinier Mark Olive gehört, die Kreationen blind.
Wann und wo? Netflix, erste Staffel komplett verfügbar.
Schuhbecks mit Alfons Schuhbeck
Wenn Tim Mälzer ein Altmeister der TV-Küche ist, dann verdient Alfons Schuhbeck den Ehrentitel Urgestein. Seit 1993 moderiert er die gleichnamige Sendung, war aber bereits zuvor jahrelang Chef de Cuisine im Vorgänger-Format namens Genießen erlaubt.
Und obwohl schon so viele Folgen ausgestrahlt werden, funktioniert das Rezept des Sternekochs nach wie vor blendend. Man nehme eine bekannte Leckerei – häufig aus Schuhbecks Heimat Bayern stammend, aber auch aus anderen Regionen oder gar Ländern – und lasse den Profi einfach seine Kreativität ausleben.
Heraus kommen immer Köstlichkeiten, die von Schuhbeck neu interpretiert werden, ohne jedoch ihre Wurzeln zu verlieren. Auch hier gibt es kein Duellkochen, keinen Zeitdruck. Einfach Koch-TV zum Zurücklehnen und Nachmachen.
Wann und wo? BR, immer sonntags um 17:15 Uhr, Wiederholungen montags um 01:30 Uhr. Auch hier hält die Mediathek ältere Folgen vorrätig, zudem hat der BR eine eigene Seite nur für die Rezepte aus der Sendung.
Kitchen Impossible mit Tim Mälzer
Tim Mälzer kann man mit Fug und Recht mittlerweile als Altmeister der Privat-TV-Fernsehküche präsentieren. Denn bereits seit 2014 ist er Herz und Seele von Kitchen Impossible und auch derjenige, der den härtesten Part übernimmt.
In jeder Folge tritt ein Profikoch aus einem Land an, in einzelnen Episoden sind es auch ambitionierte Hobbyköche. Mit im Gepäck haben die Herausforderer eine lokale Spezialität, die sie besonders gut beherrschen.
Der Duellant, fast immer Tim Mälzer, muss dann versuchen, dieses Gericht selbst zu kochen – ziemlich erschwert wird das dadurch, dass er keine Zutatenliste hat, sondern sich nur auf seinen Geschmackssinn verlassen muss. Außerdem bringt der Gast immer Unterstützer mit, die als Jury fungieren.
Besondere Aufmerksamkeit erreichte die Show auch deshalb, weil sie oft raubeinig ist, gern mal unter der Gürtellinie landet, wenn geflucht und gestritten wird.
Wann und wo? VOX, immer sonntagabends um 20:15 Uhr. Ältere Folgen können über TV NOW abgerufen werden.